Die Baumpflicht

Weih

„Wo Schnee und Regen hinfallen, wo im Winter alles weiß ist, muss im Sommer alles grün sein. Die Waagrechte gehört der Natur. Die Senkrechte gehört dem Menschen.“

So schreibt Friedensreich Hundertwasser in seinem Manifest über das Fensterrecht und die Baumpflicht. Darin spricht er vom Zusammenspiel von Natur und Architektur und von seiner Vorstellung von Städtebau. Ein Leben ohne täglichen Kontakt mit Bäumen, Erde und Pflanzen sei menschenunwürdig.

Nasse Erde und Laub riechen zu können, mit meinen Händen über Baumrinden zu streichen und in den Wipfeln die Vögel und das Spiel des Windes zu beobachten: Als Bauer genieße ich dieses Privileg. 

Anstatt eines Privilegs sollte das eine Selbstverständlichkeit für viele sein. Ich will, dass alle Kinder unserer Stadt Natur spüren, im Dreck spielen und auf Bäume klettern können.  Als Gemeinde haben wir die Pflicht dafür zu sorgen, dass vor den Fenstern aller Häuser dieser Stadt Bäume aus der Erde wachsen. Das meint Hundertwasser mit der Baumpflicht. 

Sie halten mich jetzt womöglich für verträumt. Doch das ist keine romantische Vorstellung von mir, sondern das ist unsere Lebensversicherung für die Zukunft.

Ohne lebendiges Grün - auch und ganz besonders in der Stadt – und ohne intakte Böden wird es uns ziemlich schlecht gehen. 
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Die Auswirkungen der Klimakrise sind schon stark zu spüren. Wir erleben gerade einen der wärmsten Frühlinge, seit es Temperaturaufzeichnungen gibt. Der Bodenfraß hat vor allem in der Steiermark ungeheuerliche Ausmaße angenommen. 13 Hektar pro Tag! werden in Österreich versiegelt. Auch in unserer Stadt ist diese gefährliche Entwicklung zu beobachten. 

Ein Baum ist keine reine Privatsache. 

Fällen Sie als meine Nachbarin große Bäume auf Ihrem Grund, so beeinflusst das das Klima in meinem Garten und weit darüber hinaus. Eine große unverbaute Wiese ist Wasserspeicher und Klimaanlage für alle Menschen, die in der Nähe wohnen und natürlich Wohnstätte für Tiere, die wir für die Artenvielfalt brauchen. 

Grünland, Freiflächen, Natur in der Stadt sind unser ökonomischer Standortvorteil für die Zukunft. Und Garant für Lebensqualität. Schon allein der Blick ins Grün steigert unser Wohlbefinden und die Kreativität. Leider zeichnet der Grünraumkataster, der im Auftrag der Gemeinde erstellt wurde, ein graues Bild. Grünraum schwindet massiv aufgrund der regen Bautätigkeit und weil wir nicht für angemessene Kompensationsmaßnahmen sorgen. 

Und jetzt bin ich wieder bei Hundertwassers Baumpflicht. Wir als Gemeinde müssen private und wirtschaftliche Interessen mit dem Gemeinwohl in Verbindung bringen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir alle in Zukunft trotz Hitze, trotz Wetterkapriolen gut leben können. Ohne Bäume geht das nicht. Oder anders gesagt: The Future will either be green or not at all*. 

Also: Bäumen wir uns auf!

Meint Ihr Josef Tschida

* Bob Brown: https://en.wikipedia.org/wiki/Bob_Brown

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