Spielfeld der Grauslichkeiten

Über politische (Un)Kultur

Foto: Nsey Benajah

Alle wollen nur die Besten. Viele sind mit den Vorhandenen unzufrieden und tun das mit Grauslichkeiten in Kommentarspalten kund. Von Grün bis Blau, alle betrifft’s. Um die Besten für die Politik zu kriegen, müssen wir aber auch selber was dazu tun. Ein Plädoyer für weniger Gereiztheit im Umgang mit Politik.

"Warum tust du dir das an?“ Diese Frage wird mir oft gestellt, wenn ich erzähle, dass ich politisch tätig bin. Und diese Frage ist berechtigt - weil sich hier mitunter ein Spielfeld von Grauslichkeiten auftut. An sich ist politische Arbeit eine wertvolle, spannende und sinnstiftende. Ich habe meine Entscheidung in die Politik zu gehen bis jetzt nicht bereut. Aber ich mach mir viele Gedanken. Um die Art, wie mit demokratischen Prozessen, mit Steuergeld und wie letztlich mit Politiker:innen umgegangen wird. 

Es wird von „der Politik“ gesprochen und was sie alles richten und erledigen soll, als ob es sich um einen vom Leben der Menschen völlig losgelösten Zirkel handelt. Aber „die Politik“, das sind wir alle! Wir alle wählen Stellvertreter:innen, die für uns Entscheidungen treffen. Zu Recht sind viele Menschen von „der Politik“ enttäuscht. Weil viel passiert ist, das kriminell oder falsch ist. Und weil sich Menschen in die Politik begeben, die nicht für ein besseres Zusammenleben für viele, sondern in erster Linie für sich selbst arbeiten. 

Politiker:innen sind Menschen. Und Menschen machen Fehler. Niemand von uns ist fehlerfrei. Kramen Sie mal in Ihrer Biografie, in Ihrer Erinnerung: Da werden Sie vermutlich einen heftigen Streit mit Freundinnen, einen intensiven Konflikt mit einer Arbeitskollegin, eine Meinungsverschiedenheit mit dem Nachbarn oder ein Verhalten, das einem Lehrer missfiel, finden. Situationen, in denen Sie andere verletzt haben, vielleicht ohne es zu wollen.

Eine Politikerin muss eine Person sein, die sich was traut, die ihren Mund aufmacht.

Eine Politikerin muss eine Person sein, die sich was traut, die ihren Mund aufmacht, die Ungerechtigkeiten benennt und die auch mal vehement ist, wenn es die Sache erfordert. Es kann sein, dass das jemanden irritiert, verletzt oder vor den Kopf stößt. Dann ist Kommunikation gefragt, die zu Lösung und Versöhnung führt.

Ja, wir wollen nur die Besten, die für uns Entscheidungen treffen. Aber damit wir die Besten bekommen, müssen wir auch was dazu beitragen. Dann muss Politik ein Job sein, der erstrebenswert ist, den man gern macht. Wie wir als Gesellschaft mit Politiker:innen umgehen, hat also Konsequenzen. 

Politiker:innen müssen ihre Entscheidungen und Pläne erklären können. Sie müssen sich in den Aufgabengebieten, mit denen sie betraut sind, auskennen. Sie müssen mit Kritik umgehen können, weil sie für die Menschen arbeiten. Und sie sollten Menschen sein, die eine bessere Welt für viele im Blick haben.

Wie wir als Gesellschaft mit Politiker:innen umgehen, hat Konsequenzen. 

 Aber aktuell fürchten in Deutschland Politiker:innen um ihr Leben und ihre Gesundheit, weil sie auf der offenen Straße gewaltsam attackiert werden. In Österreich sind Politiker:innen jeder Partei, jeden Alters, jeder Ebene mit Hass und Hetze konfrontiert. Insbesondere Frauen sind Attacken gegen ihre Person ausgesetzt, die so grauslich sein können, dass sie die Würde der Frauen mit Füßen treten. Ja, ich spreche hier auch vom Umgang mit Lena Schilling. Wurde ein Ritter ohne Fehl und Tadel gesucht? Gefunden wurde eine junge Frau, die mutig ist, die Fehler macht - und die auch lernen kann. Und die jetzt aufgrund kolportierter Vergehen im privaten Bereich von moralischen Instanzen als nicht genügend beurteilt wurde. Die Vorwürfe des Fehlverhaltens werden intern geprüft.

Ansprechen, wenn was schiefläuft. Aufdecken, wenn Kriminelles passiert. Diskutieren und respektvoll streiten. All das darf, soll und muss sein. Aber dieser zerstörerische Sprech über Politik und ihre Vertreter:innen, der gar nichts mehr mit sachlicher Kritik zu tun hat, bringt Menschen dazu, nicht mehr wählen zu gehen und sich von der Politik abzuwenden. Und es führt dazu, dass talentierte, sensible Menschen mit großem Potential aus der Politik raus gehen oder erst gar nicht hinein, weil es ihnen schlicht und ergreifend graust. Zurück bleiben im schlimmsten Fall nur Ungustln mit dicker Haut. Und mit denen ist dann echt kein Staat zu machen und keine gute Zukunft zu gestalten.

Und das ist schlecht. Für uns alle. 

Zurück bleiben im schlimmsten Fall nur Ungustln mit dicker Haut. 

Hören wir auf damit, gleich Grauslichkeiten auszuschütten. Helfen wir gewählten Mandatar:innen, die für uns arbeiten, auch dabei, ihre Sache gut zu machen. Mit weniger Gereiztheit, ja vielleicht sogar mit guter Laune.

Katharina Schellnegger

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