Gehen wir es an!

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Der menschliche Körper ist zum Gehen gebaut. Gehen, Laufen und Rennen waren die Hauptbeschäftigungen unserer Vorfahren. Sie waren fast immer auf den Beinen. Etwa zwei Millionen Jahre lang. Das hat sich erst vor etwa 300 Jahren geändert, mit der industriellen Revolution. Und da liegt das Problem. Wir sind nicht zum Sitzen geschaffen und so lautet eine Tatsache:

Wer länger sitzt ist früher tot.

Die Erkenntnis, dass zu langes Sitzen und zu wenig Bewegung krank machen, ist nun wirklich nicht neu. Aber den Zusammenhang zwischen Mangel an Bewegung und Städtebau zu sehen, ist eine relativ junge Betrachtungsweise. Wie Wege durch die Stadt gebaut sind, hat Auswirkungen auf unser Verhalten und damit auf unsere Gesundheit und die Wirtschaft.

Fußgängerinnen und Fußgänger sind jene Gruppe von Verkehrsteilnehmer:innen, die am billigsten, umweltfreundlichsten und gesündesten unterwegs ist. Trotzdem werden sie an den (Straßen-)Rand gedrängt und dort noch mit Hindernissen konfrontiert. Engstellen für Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator gibt es reich an Zahl: Verkehrsschilder, Zeitungsständer, parkende Autos oder Baustellen. Alle, die öfter zu Fuß gehen, kennen das. 

Straßenraum (Gehwege, Fahrbahnen, Parkplätze) ist öffentlicher Raum und gehört demnach uns allen. Dem Auto wird dabei der meiste Platz zugesprochen. Aufenthaltsraum wird zum Raum, in dem möglichst ungehindert und zügig gefahren werden soll. Und genau darin liegt das Problem: Dort wo es laut ist, wo Autos schnell vorbeifahren, fehlt die Einladung an Menschen zum Verweilen. Aber wo es keine Flanierenden, keine Spaziergänger*innen gibt, dort sterben Geschäfte und Ortskerne. Ein Zusammenhang von Leerstand, engen Gehsteigen und verparktem Straßenraum ist bereits wissenschaftlich nachgewiesen. 

Auf den hübschen Renderings von Neubauten sind immer Menschen zu sehen, die vorbeischlendern oder plaudernd zusammenstehen. Wir wünschen uns also eine ‚belebte‘ Stadt. Die Realität schaut anders aus. In der aktuell gültigen österreichischen Verkehrsordnung steht sogar geschrieben, dass es verboten ist, am Gehsteig den Verkehr durch unbegründetes Stehenbleiben zu behindern (§78). 

Unser System ist also sehr unfreundlich zu jenen, die zu Fuß unterwegs sind. Das schließt vor allem jene mit ein, deren Tempo mit zunehmendem Alter abnimmt. Für hochaltrige Menschen, die vermehrt von Einschränkungen betroffen sind, sind die Füße das wichtigste Verkehrsmittel. Gerade für sie können hohe Geschwindigkeiten und dichter Auto-Verkehr zur körperlichen wie emotionalen Barriere werden. 

 Eine Stadt ist besonders freundlich, wenn viele Leute darin unterwegs sind. 

Langsam - und nicht nur schnell von einer Seite zur anderen oder zum Auto hastend. Schöne Gehwege, Bänke, Brunnen, Bäume, Blumen erhöhen die Verweildauer und damit die Attraktivität der Stadt. Davon profitieren dann alle: Von den Geschäftsleuten bis zu den Bewohnerinnen. Und vor allem: unsere Gesundheit.

Also, fassen wir uns ein Herz. Und Fuß dazu!

Quellen:

https://www.derstandard.at/story/2000126413825/mobilitaet-der-zukunft-wie-das-zu-fuss-gehen-in-der

https://www.derstandard.at/story/2000123712353/unbelebte-erdgeschosse-eine-abhilfe-waere-einfuehrung-einer-leerstandsabgabe 

https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/bueroarbeit-sitzen-arbeitsplatz-auswirkungen-gesundheit-bewegung/seite-2

https://www.jusline.at/gesetz/stvo/paragraf/78

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